Engagement

     
 

Wir beide hatten das Glück, einander mit 22 Jahren in einer Lebensphase zu begegnen, in der wir erfahrungsoffen und prägsam waren. Das übereinstimmende Interesse am Wohlergehen und einer emanzipatorischen Entwicklung junger Menschen und die entschiedene Ablehnung von Gewalt zwischen den Völkern bildete die Grundlage für unser Lernen und Wachsen. Manchmal auf unterschiedlichen Wegen und im Gespräch mit unterschiedlichen Frauen und Männern, meist aber auf gleiche Weise haben sich unser “Entwurf von der Welt” und unsere Ansprüche an uns selbst durch gemeinsames Nachdenken und Handeln gebildet.

eng peace

Während Helga schon früh davon überzeugt war, dass Individuen und soziale Gruppen, gleich welcher Größe, wenn sie nur wollten, lernen können, einander gegenseitig zu fördern und Auseinandersetzungen konstruktiv zu führen, ging es Konrad seit jungen Jahren darum, sich gegenseitig in den jeweiligen Wegen zu bestärken und Mut zur Veränderung zu machen. Unsere Maßstäbe gewannen wir für uns unmerklich und Schritt für Schritt, als wir die Ethik der Bergpredigt, das Demokratieverständnis Henry David Thoreaus, die Chassidischen Geschichten (Martin Buber) und die Praxis der Quäker kennenlernten [1]. Unser pazifistisches Engagement erhielt zudem entscheidende Impulse durch die Schriften von Mohandas Karamchand Gandhi und die Begegnung mit Nikolaus Koch [2].

 
 
NUR HELGA
GEMEINSAM
NUR KONRAD

 

 

Für ein friedliches Zusammenleben
– gegen Hochrüstung und Krieg
Erste Phase unserer Friedensarbeit

 

 

 

1954

Eintritt in die Internationale der Kriegsdienstgegner (IdK, deutscher Zweig der War Resisters‘ International: “Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin deshalb entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung der Kriegsursachen mitzuarbeiten.”), Leitung von Kursen für die ersten deutschen Kriegsdienstverweigerer, Vertretung vor den Prüfungsausschüssen in zwei Instanzen, Mitgründer des Verbands der Kriegsdienstverweigerer (VK) , zeitweise Mitglieder im Bundesvorstand.

1952, mehrere Jahre Mitglied im Hamburger Vorstand wie im Bundesvorstand

Mahnwache 1958

 Mehrere Jahre Korrespondenten für die britische pazifistische Wochenzeitung Peace News, London, Begegnung mit deren Redakteur Gene Sharp, der uns darin bestärkte, dem im NEIN enthaltene JA größere Aufmerksamkeit zu widmen.

1956 Gründung des Aktionskreises für Gewaltlosigkeit in der IdK, später im VK:      1958 14-tägige “Mahnwache” (Begriff bei uns von dem Hamburger Glasermeister Jürgen Grimm erfunden) im Anschluss an die letzte große Kampf-dem-Atomtod-Kundgebung in Hamburg auf dem Platz vor dem Rathaus, Vertiefung der Kontakte zu britischen Anti-Atomwaffen-Aktivisten (April Carter, Pat Arrowsmith, Michael Randle), Besuche in England, ab 1958 Intensive Besuchs- und Seminar-Kontakte zu Nikolaus Koch, 1958/59 Veröffentlichung von zwei “Texten zur Gewaltlosigkeit”, Gene Sharps “Auf anderen Wegen” und Henry David Thoreaus “Civil Disobedience” als erster deutscher Einzeldruck, 1959 Unterstützung des Protests gegen französische Atomversuche in de Sahara, 1960 Aktion Maulwurf gegen den Bau eines Atomschutzbunkers in Hamburg-Altona .

ab 1957 "Trainings für vernünftiges Konfliktverhalten"

Ostermarsch 1960

 

Mitorganisatorin, Verfasserin mehrerer langjährig verwendeter Slogans: Barbaren werden wir durch barbarische Mittel / Unser NEIN zur Bombe ist ein JA zur Demokratie / Westliche Atombomben wirken genauso wie östliche / Besser Ko-Existenz als No-Existenz / Der wahre Mut zeigt sich im Mut zu neuen Wegen / Ich bin mitverantwortlich – auch Du!

 

 

 

 

 

 

 

Weitere Zusammenarbeit mit Andreas Buro:

westdeutsche Koordination des Marsches San-Franzisko-Moskau / AEM,     

1961 Mitbegründung der Weltfriedensbrigade in Beirut (Vorläufer von peace brigades international), danach Mitglied ihres Internationalen Rats (gemeinsam mit A. J. Muste und Michael Scott).

Aus dem Aktionskreis heraus Initiative für den ersten deutschen Ostermarsch gegen Atomwaffen in Ost und West 1960, gemeinsam mit u.a. Andreas Buro, später Kampagne für Abrüstung und Demokratie, Slogan: Unser Nein zur Bombe ist ein JA zur Demokratie (zugrunde lag die Angst vor kommunistischer Beeinflussung), Gewinnung von u.a. Stefan Andres, Benjamin Britten, Helmut Gollwitzer, Robert Jungk, Erich Kästner, Margarethe Lachmund und Bertrand Russell für das Prominenten-Kuratorium der Ostermärsche[3].
 

Ostermarsch

 

1961 Mitwirkung am Amerikanisch-Europäischen Marsch San Franzisko-Moskau für einseitige Abrüstung / AEM

Versuch, in Deutschland, die Weltfriedensbrigade bekannt zu machen und Teilnehmer zu gewinnen

Ostermarsch 1960

Initiator der Ostermärsche, bis 1964 Sprecher des Zentralen Ausschusses[6]

1961 Training in Gewaltfreiheit, Berlin (Anstoss für den späteren Politologen und Theoretiker der gewaltfreien Aktion Theodor Ebert – Beleg siehe unten –; unter den Teilnehmern auch der Amerikanische Quäker David Hartsough, späterer Initiator der weltweiten Nonviolent Peaceforce) [7].

 

 

Training der deutschen Teilnehmer des AEM (u.a. mit dem späteren Friedensforscher Reiner Steinweg), Beteiligung am Marsch in der Deutschen Demokratischen Republik vom gesperrten 5km-Streifen bis Magdeburg.

1962 Entwurf eines Ausbildungsplans für Weltfriedensbrigade.

 

Nach Ankündigung der Neutronen-Bombe Ende der 70er Jahre Mitarbeit in der Friedensinitiative Ahrensburg, u.a. vierzehntägiges Fasten für den Frieden, Bürgerversammlung: Gefährdung durch Transporte, Engagement für eine Städte-Partnerschaft mit einer Ostblock-Stadt, Blockaden des Atomwaffenlagers Kellinghusen und der Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg, als bekannt wurde, dass dort Mitarbeiter der chilenischen Diktatur ausgebildet wurden, Leitung vieler Seminare zu Abrüstungsfragen und gewaltfreiem Handeln, Blockaden am Standort der amerikanischen in Pershing-Atomraketen in Mutlangen, Singen der Schütz-Motette “Verleih uns Frieden” in der Gerichtsverhandlung wegen Musik-Blockade gegen Katja Tempel (statt Schlußwort).

 

 

 Für eine zivile konstruktive
Konfliktbearbeitung / Konflikttransformation
Zweite Phase unserer Friedensarbeit

 
 

1979/80 Mitarbeit an der Gründung der Bildungs- und Begegnungsstätte für  gewaltfreie Aktion / KURVE Wustrow,

1984 Teilnahme an einer internationalen Konferenz über Gewaltfreiheit in Dubrovnik/Jugoslawien (mit Danilo Dolci, Elise Boulding, Gene Sharp, Bernhard Lafayette)

1988 Olof-Palme-Friedenspreis der SPD Stormarn

Seit den 80er Jahren keine weitere Befürwortung der “friedlichen Nutzung der Atomenergie” (Anstoß durch Wolfgang Hertle: “Wenn die alten Ägypter Atomkraftwerke gehabt hätten, müßten wir uns noch heute gegen ihren Müll schützen”, immer wieder Beteiligung an Demonstrationen in Brokdorf, in Krümmel und bis heute in Gorleben).

Gorleben Protest

später 8 Jahre deren Vorsitzender
 
Während des Golfkriegs 1990/91: örtliche Proteste und Aktionstrainings, Musik-Blockade an der Air Base Frankfurt (Mozart Requiem) mit der Musikergruppe “Lebenslaute”, viele meist interne Veranstaltungen (Einander Mut machen / Klärung: Was muß ich tun? / Ent-Feindung)[4]
 
1998 zu Beginn des Kosovokriegs mit 28 anderen Unterzeichnung eines Aufruf an Soldaten beider Seiten zur Gewissensprüfung und Nichtbeteiligung, deshalb 1999/2001 Anklage "Öffentliche Aufforderung zu Straftaten" [5] und Freispruch in zwei Instanzen, dafür 2001 Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union.
 
 

 

1994 Gutachten zur Synoden-Anfrage der Berlin-Brandenburgischen Kirche zu einem Zivilen Friedensdienst / ZFD (der als Zwangsdienst für 18jährige, entsprechend trainierte Männer gedacht war),


Mitwirkung im BSV-Ausschuss für ein verändertes ZFD-Konzept und in der folgenden Lobbyarbeit (der dieses Konzept bis zur politischen Etablierung des ZFD 1999 zugrunde lag)


Ko-Vorsitzende des forumZFD von der Gründung an,
ab 2006 Ehrenvorsitzende

Ab 1988 Beteiligung an den Gründungsschritten für den Bund für Soziale Verteidigung / BSV (mit den späteren Vorsitzenden Petra Kelly, Theodor Ebert und Roland Vogt sowie mehreren Quäker-Freunden)
 
1996 Mitbegründung vom Forum Ziviler Friedensdienst / forumZFD, Übernahme vielfältiger Aufgaben wie Gestaltung von Studientagen etc.
 
 Helga mit Hans Koschnick eng Konrad ZFD

Ko-Vorsitzender 1995 – 2003

1994 Beitrag zum ZFD-Konzept (einjährige Grundausbildung), Lehrplanentwurf "Umriss eines Curriculums", später federführend für den Ausbildungsplan für den Zivilen Friedensdienst, seit dem zweiten Kurs 1997 bis 2004 pädagogischer Begleiter der Trainerteams für die Qualifizierungskurse und zuständig für das Curriculum

1997/98 Initiatorin für die Gründung des Europäischen Netzwerks Ziviler Friedensdienste / EN.CPS, Mitwirkung an Lobby-Veranstaltungen in Brüssel, Dublin, Washington, Toronto
1999 Teilnahme an der Haager Friedenskonferenz, Mitarbeit an der Konzipierung der Nonviolent Peaceforce, 2002 Mitbegründer der Nonviolent Peace-force / NP in Delhi / Indien, Teilnahme an internationalen NP-Konferenzen in Berlin, Graz, Edinburgh, Barcelona, Cluj-Napoka, Lyon, Oslo
 
Cluj
 

Mitarbeit im pädagogischen Bereich  (Zielformulierungen , Trainingsvorgaben, Auswertungen mehrerer Trainings-Evaluationen sowie Entwicklung von Konzepten für eine Ausbildungs-Akademie und für ein internes Kommunikationsorgan [8]), mehrere Jahre Koordination der deutschen NP-AG,

ab 2010 Sekretär der europäischen “Interlink Group” der Nonviolent Peaceforce

eng Konrad lyon

Mitglied des Internationalen Versöhnungsbunds, der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung und des Bundes-verbands Mediation
1977 Unterzeichner der Selbstverpflichtung  “Ich bin bereit, ohne den Schutz militärischer Rüstung zu leben. Ich will in unserem Staat dafür eintreten, daß Frieden ohne Waffen politisch entwickelt wird.”, “Ohne Rüstung leben”, Stuttgart
 
Helga und Konrad Tempel
Mitglied der SPD seit 1957, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, des Arbeiter-Samariter-Bunds und des Internationalen Versöhnungsbunds
 

 


[1] Vgl. H. D. Thoreau “Widerstand gegen die Regierung” (Civil Disobedience), Hamburg 1959; Martin Buber “Die Erzählungen der Chassidim”, Zürich 1949

[2] vgl. M. K. Gandhi u.a. “Satyagraha – Nonviolent Resistance”, Ahmedabad 1951, “Die Geschichte meiner Experimente mit der Wahrheit”, Freiburg 1960; Nikolaus Koch “Die moderne Revolution – Gedanken der gewaltfreien Selbsthilfe des Deutschen Volkes, Tübingen 1951, “Kriegsdienst und Friedensdienst”, Witten 1954, “Die Freiwillligen. Ausbildung zur gewaltlosen Selbsthilfe und unmilitärischen Verteidigung”, Göttingen 1959, siehe auch Wikipedia “Nikolaus Koch”

[3] vgl. H. und K. Tempel “Ostermärsche gegen dem Atomtod”, NDR 3 Schulfunk, Hamburg 1982

[4] vgl. H. und K. Tempel “Dass man da wohnen möge – Vision und Erfahrung eines gemeinsamen Lebens”, Pyrmont 1986

[5] vgl. Schlußworte im Fahnenflucht-Prozeß (siehe TEXTE auf dieser Homepage)

[6] Im Sommer 2011 habe ich (K) aus gegebenem Anlaß eine Übersicht “Ostermarsch 1960/61 - Unrichtige Behauptungen und verzerrende Interpretationen” angefertigt und diese politischen Freunden und dem Archiv des Instituts für Sozialforschung, Hamburg, zukommen lassen, wohin meine Ostermarsch-Unterlagen gegangen sind (siehe TEXTE auf dieser Homepage)

[7] vgl. Vortrag Theodort Ebert 2005, http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/003351.html vgl. auch Wikipedia.de  “Theodor Ebert” und Wikipedia.org “Nonviolent Peaceforce”

[8] Herausgabe des ersten NP-Curriculums und Trainerhandbuchs “Opening Space for Democracy / Third-Party Nonviolent Intervention” mit CD auf Deutsch von Daniel Hunter und George Lakey (Training for Change, USA), “Gewaltfreie Intervention ....”, ZFD Impuls, Band 2, Bonn 2005